Waterloo-Bericht Charras

Deckblatt Charras

Im folgenden Beitrag soll ein Auszug aus dem Bericht des Oberstleutnants Charras, "Geschichte des Feldzuges von 1815. Waterloo." wiedergegeben werden. Das Hauptaugenmerk liegt auch hier auf der linken Seite der Alliierten, auf der sich das Landwehrbataillon Münden befand. Das vorliegende Buch ist dabei die deutsche Erstausgabe von 1858. Herausgegeben von der Verlagsbuchhandlung Rudolf Kuntze, Dresden.

Der Auszug beginnt mit dem zwölften Kapitel, der Beschreibung des Beginns der Kämpfe bei Waterloo (Seiten 255 bis 293). Die Formulierungen und auch die Rechtschreibung wurden in der ursprünglichen Form belassen.  

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwölftes Kapitel.

Der 18. Juni. — Waterloo. — Napoleon erfährt, daß die Englisch=holländische Armee sich nicht bewegt hat; — mit Anbruch des Tages überzeugt er sich selbst, daß dies begründet. — Sein Vertrauen in den Ausgang der Schlacht die er liefern will. — Das Vertrauen Wellingtons ist nicht minder groß. — Beschreibung der englischen Stellung. — Um 6 Uhr rückt Wellington ein. — Seine Stärke. — Napoleon rekognoszirt die feindliche Stellung. — Um 9 Uhr fangen die Franzoen an, ihre Schlachtordnung einzunehmen. — Instruktionen an Grouchy. — Instruktionen für die bevorstehende Schlacht. — Schlachtplan Napoleons — Um 11 ½ Uhr eröffnet er mit dem Angriff auf Goumont das Gefecht. — Reille damit beauftragt. — Erste Wechselfälle dieses Angriffs. — Napoleon erfährt die Ankunft Bülow’s bei Chapelle St. Lambert. — Maaßregeln in Folge dieser Nachricht — Neue Instruktionen an Grouchy — Erlon greift den englischen linken Flügel an; er wird mit großem Verluste abgeschlagen. — Fruchtlose Angriffe auf la Haye Sainte. — Fortsetzung des Kampfes bei Goumont. — Stand der Schlacht um 3 Uhr. — Anordnungen Wellingtons. — Napoleon verzichtet auf den Angriff des feindlichen linken Flügels und beschließt, die Hauptanstrengungen gegen die Mitte zu richten. — Wegnahme von la Haye Saint. — Angriff Milhaud’s und Lefebvre-Desnouettes gegen das englisch=holländische Zentrum, um 4 Uhr. — Sie werden abgeschlagen. — Um 4½ Uhr rückt das Bülow‘sche Korps in die Linie. — Dessen Stellung um 5 Uhr. — Ney erneuert den Angriff mit den Reitern von Milhaud und Lefebvre=Desnouettes. — Anordnungen Wellingtons in Voraussicht dieses wiederholten Angriffs. — Lage seiner Armee. — Ney wird von Kellermann und Guyot unterstützt. — Der Angriff wird abermals abgeschlagen. — Verluste Ney’s. — Verluste des englisch=holländischen Zentrums. — Stand der Schlacht auf dem linken und rechten Flügel. — Fortsetzung des Gefechts gegen Bülow. — Angriff von 6 Bataillonen alter Garde gegen das englisch=holländische Zentrum; er wird abgeschlagen.

Um 7½ Uhr greift die Ziethen‘sche Avantgarde bei Papelotte in’s Gefecht ein. — Anfang der Unordnung in der französischen Armee. — Allgemeines Vorrücken der englisch-holländischen Armee. — Die Unordnung wächst reißend. — Zwei Divisionen Pirch I. rücken gegen Plancenoit in die Linie — Das Dorf wird von den Preußen genommen. — Allgemeine Auflösung der französischen Armee. — Die Preußen verfolgen. — Die Verfolgung hört erst mit Tagesanbruch auf. — Napoleon trifft in Charleroy ein und begiebt sich nach Philippeville. — Beiderseitige Verluste. —

Die Nacht war schwarz, der Himmel mit dicken Wolken bedeckt, die nur selten von einem Blitze zerrissen wurden. Der Donner rollte in der Entfernung. Noch immer, und zwar seit dem gestrigen Nachmittage, stürzte der Regen in Strömen herab. Napoleon stieg zu Pferd und ritt, von Bertrand begleitet, auf der Chaussee vor bis auf die Höhen bei dem Pachthofe Rossomme Es war 1 Uhr. Eine Linie Feuer erstreckte sich von Braine-l‘Alleud bis Frichemout am Horizonte hin. Es waren die Bivouaks der englisch=holländischen Armee.

Ihre Bataillone hatten gestern einen kurzen und raschen Marsch gehabt. Sie waren bei guter Zeit in ihren Stellungen angekommen und hatten den Rest des Tages, so wie die Nähe des Waldes benutzt, um Holz herbeizuschaffen und ertrugen jetzt mit dessen Hilfe das Unwetter leichter.

In den französischen Linien sah man nur selten ein Feuer. Die Soldaten, weniger gut bedacht, erwarteten das Ende dieser beschwerlichen Nacht mit Ungeduld.

Nichts schien eine Bewegung des Feindes anzudeuten. Wenn er zurückgegangen wäre, so wollte Napoleon ihm trotz der Dunkelheit folgen und ihn über den Haufen werfen. Er hat Das wenigstens so niedergeschrieben. Aber seine Unthätigkeit in der Nacht nach dem Ligny‘er Siege ist nicht geeignet, den Glauben an diese Aeußerung zu stärken. Solche Unternehmungen überstiegen das damalige Maaß seiner Thätigkeit.

Er kehrte in sein Hauptquartier zurück und erhielt bald darauf durch Kundschaftsberichte die Meldungen der Vorposten und durch die Aussagen zweier Deserteure die Bestätigung Dessen, was er bis daher nur aus der Stärke und Ausdehnung der Feuer geschlossen, nämlich daß die englisch=holländische Armiee unbeweglich stand.

Er war sehr befriedigt von diesen Nachrichten, fürchtete aber doch, sie nicht bestätigt zu finden, bis er mit Tagesanbruch sich mit eigenen Augen überzeugen konnte, daß Wellington eine Schlacht annehmen wollte.

               So hatte er, trotz seines Zauderns und seiner Verzögerungen, das Glück, nachdem er schon die Preußen in ihrer Trennung geschlagen, nun auch seinen zweiten Gegner weit von ihnen anzutreffen und einen entscheidenden Schlag gegen ihn führen zu können.

               Er hatte vor kurzem im Moniteur verkündet, „daß Wellington eingebildet, zaghaft und unwissend sei, daß er zu großen Unglücksfällen bestimmt scheine“ und jetzt endlich schien diese, seit zu langer Zeit falsche Vorhersagung sich erfüllen zu »wollen. Er dachte es wenigstens.

               „Wir haben,“ sagte er kurz darauf zu seinen Generalen, ,,90 Chancen für und 10 gegen uns.“ So war seine Ueberzeugung; er hat sie niedergeschrieben, und der Ausspruch selbst scheint authentisch.

Aber auch Wellington überdachte die Chancen des Kampfes, dem er entgegenging und den er hätte vermeiden können, und rechnete auf einen guten Ausgang; er verließ sich auf die Stärke der sorgsam ausgewählten und genau rekognoszirten Stellung; auf den Eifer seiner Truppen, auf die Festigkeit seiner alten Soldaten aus dem Halbinselkriege und endlich aus die Zusage Blüchers.

Er schrieb an Sir Charles Stuart (nach Brüssel) „Die Preußen werden diesen Morgen auf’s Neue nahe bei uns sein, es läßt sich Alles gut an“ und an den Herzog v. Berry ,,Ich hoffe und was mehr ist, ich habe allen Grund zu glauben, daß es gut gehen wird.“[1]

Auf die Nachricht, daß die englisch=holländische Armee bei Mont St. Jean in Position gerückt sei, hatte Blücher geantwortet, daß er einen Theil seiner Armee mit Tagesanbruch dorthin in Marsch zu setzen gedenke und den andern Theil ehebaldigst nachfolgen lassen werde, und diese Antwort war bei Wellington eben eingetroffen, als er so sein volles Vertrauen ausgesprochen.

Der Regen hörte gegen 6 Uhr auf; aber der Himmel hing noch voll schwerer Wolken.

Die englisch=holländische Armee fing an, in ihre Schlachtordnung zu rücken.

Wenn man Von dem Pachthofe le Caillou, dem Hauptquartiere Napoleons, ausgeht, so trifft man auf drei Höhenrücken, die gleichmäßig in der Richtung von Südwest gegen Nordost streichen. Die Brüsseler Chaussee durchschneidet nach einander ihre Kämme bei dem Pachthofe Rossomme, bei dem Wirthshause la belle Alliance und etwa 150 bis 200 Metres jenseits des Pachthofes la Haye Sainte.

Der Kamm dieses letzten Höhenrückens ist gleichzeitig die Südgrenze einer massigeren Terrainerhebung, die sich gegen Westen bis oberhalb Merbe=Braine, in einem von Süd nach Nord streichenden Thale gelegen, gegen Osten bis an. Ohain, gegen Norden bis Mont St. Jean erstreckt, wo dann eine flache Senkung nach dem Dorfe Waterloo hin beginnt, das 1 Stunde von la Haye Sainte in einem Ausschnitte des Soigne’r Waldes liegt.[2]  Diese Terrainerhöhung nennt man gewöhnlich das Plateau von Mont St. Jean. Etwa 5—600 Metres westlich von la Haye Sainte zweigt sich von dem Plateau ein Landrücken ab, der von geringer Breite ist und in regelmäßiger Verflachung gegen die Brüsseler Chaussee streicht, die er etwa bei dem Wirthshause la belle Alliance trifft. Auf diesem Landrücken liegt die Wasserscheide zwischen der Senne und der Dyle. Zwei kleine Thäler entspringen an dem Landrücken; das eine geht nach Südwesten hinter dem Schlosse Goumout weg und vereinigt sich dicht bei demselben mit dem Thale von Merbe-Braine; das andere streicht nach Südosten, geht dicht unter la Haye Sainte, Papelotte und la Haye vorbei und enthält den Weiler Smohain.

Diese beiden Thäler bilden «also am Fuße des Plateau’s von Mont St. Jean mit alleiniger Ausnahme des erwähnten Landrückens eine Art Umfassung; ihre Hänge sind leicht zugänglich, selbst für die Artillerie, nur in der unmittelbaren Nähe von la Haye Sainte ist der Nordhang auf 5 — 600 Metres Entwickelung etwas steiler. Der genannte Pachthof liegt unmittelbar an der Straße.

Das Schloß Goumont liegt 1500 Metres westlich davon. Es erhebt sich auf der Höhe des Hanges, der das Thal auf der Südseite begrenzt. Die Chaussee von Nivelles geht auf 350 Metres westlich vorüber, über=schreitet das Thal von Merbe=Braine auf einer Anschüttung und vereinigt sich bei Mont St. Jean mit der Chaussee von Charleroy nach Brüssl.

Die Pachthöfe Papelotte und la Haye liegen 14 und 1500 Metres östlich von la Haye Sainte, Smohain nicht ganz 2000.

Unterhalb la Haye wird das Thal enger und schlüchtiger; in Mitten eines Weichlandes entspringt ein kleines Wässerchen, das unter Ohain vorbei und dann in den Lasne=Bach fließt, der seinerseits zur Dyle geht.

Schloß Frichemont, 300 Metres südlich von Smohain, liegt auf der Höhe des südlichen Thalhanges.

Das war das Terrain, auf welchem Wellington den Angriff Napoleons annehmen wollte.

Es erscheint, wie wir schon erwähnt, als eine zusammenhängende Erhebung, die sich im Allgemeinen nach Süden sanft abdacht, so daß die Hänge leicht mit direktem Feuer zu bestreichen sind. Goumont, la Haye Sainte, Papelotte, la Haye, Smohain, Frichemont sind eben so viele Posten zur Vertheidigung des Zuganges.

Ein Verbindungsweg zwischen Ohain und Braine l’Allend folgt so ziemlich dem Rande des Plateau’s bis in die Höhe von Goumont. Etwa 200 Metres nördlich von la Haye Sainte geht er über die Chaussee. Diesseits dieser Kreuzung ist er[3] bodengleich und mit starken, aber lückenhaften lebendigen Hecken eingefaßt.

Jenseits der Kreuzung verschwinden die Hecken; er bildet einen Hohlweg von etwa 2 Metres mittlerer Tiefe und 600 Metres Länge[4]; dann ist er wieder bodengleich.

Dieser Weg bezeichnet fast genau die Fronte der englischen Aufstellung.

Der linke Flügel erstreckte sich mit seinen äußersten  Abtheilungen bis in die Höhe von la Haye und reichte andererseits bis zur Brüsseler Straße, die stark barrikadirt war.

Er ward sowohl in erster als zweiter Linie gebildet aus den Divisionen Perponcher, Picton und einer Brigade der Division Cole. Bataillone von Perponcher hatten Papelotte, la Hayn, Smohain, Frichemont und die Wege, die von da auf das Plateau führen, besetzt. Zwei englische Reiterbrigaden deckten die Flanke und streiften bis gegen Ohain.

Das Zentrum stand zwischen den beiden Chausseen von Charleroy und Nivelles nach Brüssel. Es ward von den Divisionen Alten, Cooke (englische Garden) und der Nassauischen Kontingentsbrigade von Kruse gebildet. Truppen dieser Abtheilungen und ein Bataillon der Division Perponcher standen in la Haye Sainte und Goumont.

Der rechte Flügel bestand aus den Divisionen Clinton, Chassé und der Brigade Mitchell, die von der Division Colville detachirt war. Diese Brigade stand noch in der Richtung des Zentrums und stützte ihre linke Flanke an die Chaussee von Nivelles, die durch ein Verhau gesperrt war. Die Division Clinton stand in Kolonnen hinter Mitchell, lang hin an dem oberen Rande des Merbe-Braine’r Thales und hielt mittelst leichter Truppen mit Chassé Verbindung. Chassé selbst stand etwa 1500 Metres von da, bei Braine l’Alleud, einem großen Flecken, in seinem weiten, von Süd nach Nord gehenden Thale gelegen.

Drei englische Reiterbrigaden standen hinter dem rechten Zentrum.

Die Reserve bestand aus der braunschweig‘schen Division, zwischen Merbe=Braine und der Niveller Chaussee, der Brigade Lambert von der Division Cole bei dem Pachthofe von Mont St. Jean, dann zum Theil in der Höhe, zum Theil vorwärts desselben 6 englische reitende Batterien, die holländisch=belgische Reiterdivision Collaert und die beiden englischen schweren Reiterbrigaden Somerset (Garden) und Ponsonby

Picton erhielt den Oberbefehl über den linken Flügel, der Prinz von Oranien den über das Zentrum, der Lord Hill den über den rechten Flügel.

Es war Das noch nicht die ganze englisch=holländische Armee.

Der Prinz Friedrich der Niederlande hielt, wie wir früher erwähnt, Hal besetzt und hatte die Division Stedmann, die indische Brigade, die hannöverische Reiterbrigade Estorff, dann noch die beiden Brigaden der Division Colville, die an demselben Morgen von Braine le Comte abmarschirt waren, unter sich, in Allem an 17,000 Mann.

Noch jetzt hatte Wellington Sorge vor der Umgehung eines rechten Flügels[5]; eine wenig begründete Sorge, auf die er selbst übrigens gewiß nicht Rücksicht genommen, wenn er nicht auf die Unterstützung Blüchers gerechnet hätte.

Diese bedeutende Entsendung hatte seine eigenen Streitkräfte für die Schlacht auf 70,000 Mann reduzirt, von denen 13,500 Mann Reiterei mit 159 Geschützen.[6]

Schon vor 8 Uhr waren alle Anordnungen Wellingtons ausgeführt.

Die französische Armee erwartete noch den Befehl zum Vorrücken.

Mit Tagesanbruch hatte sie Weisung erhalten, sich in Gefechtsbereitschaft zu setzen. Sie war bereit. Die Beschwerden einer schlaflosen Nacht unter strömendem Regen und auf schlammigem Boden waren vergessen; sie dachte nur an den Kampf.

Die Memoiren von. St. Helena sagen, „daß um 8 Uhr die Artillerieoffiziere, welche das Schlachtfeld rekognoszirt hatten, meldeten, die Artillerie könne, obwohl mit Schwierigkeiten, manövriren; in einer Stunde würde es wesentlich leichter geschehen können“

Napoleon stieg zu Pferd, ritt aus die Höhe von la belle Alliance und besichtigte nochmals die englische Linie.

Der Generalleutnant Haro vom Genie, ward weiter vor gesendet, um sich zu überzeugen, ob etwa Verschanzungen vorhanden seien; er kam sehr bald mit der Meldung zurück, daß keinerlei Anzeichen davon zu bemerken.

Napoleon überlegte einen Augenblick und diktirte dann die Schlachtordnung, welche unmittelbar darauf von den Adjutanten an die verschiedenen Korps befördert ward. 

Die Armee rückte in 11 Kolonnen vor.

Von diesen 11 Kolonnen waren 4 für das erste, 4 für das zweite Treffen und 3 für die Reserve bestimmt.

Die 4 Kolonnen des ersten Treffens bestanden: links die erste aus der Reiterei des 2. Korps (Reille), die zweite aus den 3 Infanteriedivisionen desselben Korps, die dritte ans den 4 Infanteriedivisionen des 2. Korps (handschriftlich in 1. Korrigiert!), Erlon, die vierte aus der Reiterei dieses Korps.

Die 4 Kolonnen des zweiten Treffens waren: links die erste das Kürassierkorps Kellermann, die 2. das 6. Korps, Lobau, mit 2 Infanteriedivisionen die 3. die beiden leichten Reiterdivisionen Domon und Subervie, die seit gestern von den Korps Vandamme und Pajols entnommen waren; die 4. das Kürassierkorps Milhaud.

Die 3 Kolonnen der Reserve waren: links die Division der schweren Garde-Reiterei, Grenadiere zu Pferde und Dragoner unter Guyot; die mittlere die 3 Infanteriedivisionen der alten und jungen Garde, unter Friant, Morand und Duhesmes; rechts die leichte Garde=Reiterei unter Lefebvre=Desnouettes, Jäger zu Pferde und Ulanen.

Die Artillerie befand sich an den Seiten der Kolonnen, die Parks und Ambulancen am Ende.

Um 9 Uhr trafen die Spitzen der 4 Kolonnen des ersten Treffens da ein, wo sie aufmarschiren sollten. In demselben Augenblicke sah man in größerer oder geringerer Entfernung auch die 7 andern Kolonnen über die Höhenrücken hervorkommen. Trompeten und Trommeln ließen den Feldmarsch ertönen, die Musiker stimmten die alten Schlachtlieder an. „Die Erde,“ sagt Napoleon, „schien stolz, so viele Tapfere beisammen zu sehen; das Schauspiel war prachtvoll, und der Feind, der es vollständig übersehen konnte, mußte davon einen mächtigen Eindruck erhalten.“

Die 11 Kolonnen marschirten so genau und richtig auf, daß auch nicht eine einzige Unordnung entstand. Noch nie hatten so bedeutende Massen sich so leicht handhaben lassen.

Die Reiterei des Reille‘schen Korps, die auf dem linken Flügel des ersten Treffens marschirte, rückte an die Niveller Chaussee und entfaltete sich in drei Linien quer über dieselbe weg, fast in der Höhe der unteren Grenze des Holzes, im Süden vom Schloß Goumont; sie klärte das ganze Terrain links hin auf und hatte vorgeschobene Posten gegen Braine l’Alleud; ihre reitende Batterie stand an der Chaussee.

Die Infanterie des Korps, 2. Kolonne, marschirte in dem Zwischenraume der Niveller und Charleroyer Chausseen auf; sie nahm eine Front von 1800 bis 2000 Metres ein; die Division Guilleminot, bei der wie gestern und vorgestern Jerome Bonaparte sich aufhielt, hatte den linken Flügel neben der Niveller Chaussee, dem Gehölze von Goumont gegenüber, Foy die Mitte und Bachelu den rechten Flügel, mit dem er in der Nähe von la belle Alliance an die Brüsseler Chaussee stieß.

Jede Infanterie=Division stand in zwei Linien, die zweite 60 Metres hinter der ersten, die Artillerie vor der Front, die Parks dahinter, gegen die Niveller Chaussee hin.

Die Infanterie des Erlon’schen Korps, die 3. Kolonne, stand mit ihrem linken Flügel bei la belle Alliance, mit dem rechten dem Pachthofe la Haie gegenüber, jede Division in 2 Linien von 60 Metres Abstand, die Artillerie in den Intervallen der Brigaden.

Die Reiterei Erlons, die 4. Kolonne, marschirte rechts in 3 Linien auf, und beobachtete la Haye und Frichemont; ihre Patrouillen streiften in der Richtung gegen Ohain; ihre Batterie stand rechts.

Das erste Treffen war kaum formirt, als die Spitzen der Kolonnen des 2. Treffens an ihren Aufmarschlinien ankamen.

Das Kürassierkorps Kellermann marschirte 200 Metres hinter der 2. Linie Reille’s, ebenfalls in 2 Linien mit 60 Metres Abstand und gerade in der Mitte zwischen beiden Chausseen auf. Auf jedem Flügel stand eine reitende Batterie.

Das Korps Lobau rückte bis auf 200 Metres an die zweite Linie Reille’s heran, blieb in Divisionsweise geschlossenen Kolonnen auf der linken Seite und längs der Charleroy=Brüsseler Chaussee; die Kolonne hatte 200 Metres Tiefe, die Division 50 Metres Intervalle; die Artillerie stand links der Kolonne.

Die Division Domon, hinter ihr Subervie, nahmen den Platz auf der rechten Seite der Chaussee neben Lobau ein, Divisionsweise in geschlossener Schwadronskolonne, die Artillerie auf der rechten Flanke.

Das Kürassierkorps Milhaud marschirte 200 Metres hinter der 2. Linie Erlons in 2 Linien, mit 60 Metres Abstand, links gegen die Brüsseler Chaussee, rechts gegen Frichemont gerichtet, auf; eine seiner Batterien stand auf dem linken Flügel, die andere in der Mitte.

Noch ehe diese Kolonnen sich vollständig zum zweiten Treffen entfaltet hatten, trafen auch die Spitzen der Kolonnen des dritten Treffens oder der Reserve an ihren Aufmarschlinien ein.

Die Grenadiere zu Pferde und die Dragoner — schwere Division der Garde-Reiterei, Guyot — rückten bis 200 Metres hinter Kellermanm und marschirten in 2 Linien, mit 60 Metres Abstand, auf; die Artillerie stand in der Mitte.

Die Infanterie der Garde marschirte neben der Chaussee und etwas vorwärts Rossomme in 6 Linien, mit 20 Metres Abstand, auf; jede Linie bestand aus einer Brigade, deren Bataillone in geschlossenen Kolonnen neben einander rückten; die Divisions=Artillerie stand rechts und links, die Reserve-Artillerie hinter den Kolonnen.

Die Ulanen und Jäger zu Pferde von der Garde marschirten 200 Metres hinter Milhaud, in 2 Linien mit 60 Metres Abstand, auf.

Um 10½ Uhr war dieser große Ausmarsch vollendet; alle Truppen waren in den ihnen angewiesenen Aufstellungen; auf dem ganzen Schlachtfelde herrschte das tiefste Schweigen.

Die Chausseen von Charleroy und Nivelles waren frei; sie sollten das Mittel bilden, die Reserve=Artillerie rasch auf die verschiedenen Punkte zu bringen[7]. Ein Theil des Hauptparks war bei Quatrebras eingetroffen.

Die hier aufgestellte Armee zählte in Allem[8] 72,000 M. mit 15,000 M. Reiterei und 240 Geschützen. Sie war der Zahl nach der englischen Armee fast gleich, aber an Reiterei etwas und an Artillerie bedeutend überlegen.

Sie hatte aber einen Nachtheil und zwar einen bedeutenden Nachtheil zu überwinden, sie sollte nämlich über einen fetten und durch den Regen entsetzlich aufgeweichten Boden hinweg einen Feind angreifen, der diesen Angriff in vortheilhafter Stellung erwartete.

Napoleon ritt die Linien ab und ward von unaufhörlichen und enthusiastischen Beifallrufen begrüßt. Aber indessen verfloß doch die Zeit; man war bald an den Halbschied des Tages und noch war kein Kanonenschuß gefallen. Zwei oder drei Stunden mehr oder weniger konnten in solchem Boden keine sehr merkbare Veränderung hervorbringen. Die Armee bedurfte natürlich einiger Zeit, um die Beschwerden der Nacht zu verwinden und sich in Gefechtsbereitschaft zu setzen, aber sie konnte recht wohl gegen 7 oder 8 Uhr ihre Aufstellung genommen haben und das Gefecht beginnen.

Alle die Zeit, die man von da ab verstreichen ließ, war einem ungewissen Loose verfallen und für Napoleon jedenfalls verloren. Derartige Verluste lassen sich im Kriege sehr selten wieder gut machen.

Wellington konnte sich zu den Verzögerungen seines Gegners Glück wünschen.

Er hatte gleichfalls prüfenden Blickes die Linien seiner Armee abgeritten, und obgleich ihn kein einziger Zuruf begrüßte, war sie doch darum nicht weniger entschlossen, tapfer ihre Schuldigkeit zu erfüllen.

Gegen 11 Uhr diktirte Napoleon einen Befehl, der die ersten Andeutungen seines Schlachtplanes gab:

„Etwa gegen 1 Uhr Nachmittags wird der Kaiser dem Marschall Ney Befehl geben, den Angriff zu eröffnen; er wird gegen Mont St. Jean, den Verteidigungspunkt der beiden Chausseen, gerichtet. Zu diesem Zwecke werden die 12pfündigen Batterien des 2. und 6. Korps an die des 1. Korps heranrücken; diese 34 Geschütze werden die Truppen in der Gegend von Mont St. Jean beschießen.

Graf Erlon wird den Angriff damit beginnen, daß er seine linke Division zuerst vorrückt und sie dann nach Bedarf mit den andern Divisionen unterstützt.

Das 2. Korps wird derart vorrücken, daß es mit dem Grafen Erlon in gleicher Höhe bleibt.

Die Sappeurkompagnien des 1. Korps haben sich bereit zu halten, Mont St. Jean sofort zu verrammeln.“

Das Zentrum war der stärkste Theil der englisch=holländischen Schlachtlinie; es hatte eine Einbiegung nach Innen und war vor seinen beiden Endpunkten durch das feste Gehöfte von Goumont und durch la Haie Sainte verstärkt. Es war Das ein Grund, um den Hauptangriff dorthin nicht zu führen. Es gab aber noch einen wichtigeren Grund dafür, nämlich, daß Wellington vor feiner gänzlichen Ueberwältigung sich zurückziehen und hinter dem Weiler von Mont St. Jean, die Rechte an Mesnil und Estrée, die Linke an Vert=Coucou und den Soigne’r Wald gestützt, eine neue, Stellung nehmen konnte, durch die er sowohl die Chaussee als die Alsemberger Straße (fast durchaus gepflastert) in gleicher Weise deckte. Es waren aber gerade diese Straßen, die ihm genommen werden mußten, um ihn von seiner Verbindung mit Antwerpen und mit den Preußen abzudrängen.

Derselbe Grund spricht auch gegen den Angriff auf den rechten Flügel, der Wellington Blücher entgegen drücken würde.

Wenn dagegen Napoleon den linken Flügel der englisch=holländischen Stellung nahm, so gewann er sofort die Brüsseler Straße, warf den Feind in die Thäler von Merbe=Braine und Braine l’Alleud, in ein durchschnittenes Terrain mit nur schlechten Nebenwegen, in die Richtung nach Flandern, d. h. in eine von den Preußen wegführende Richtung.

Der Hauptangriff mußte also den linken Flügel treffen. Auch war — ein glücklicher Zufall — dieser Flügel gerade der schwächste Theil der Stellung. Man brauchte bei dem Anmarsch mur die kleinen Gehöfte Papelotte und la Haie zu markiren; oben, auf dem Plateau, stand der Flügel völlig in der Luft.

Wellington hatte einen der triftigsten Gründe, eine solche Aufstellung des linken Flügels nicht zu scheuen; aber Napoleon ahnte diesen Grund noch nicht.

Es spricht Alles dafür, daß Napoleon, als er den obigen Befehl diktirte, den Entschluß gefaßt hatte, den feindlichen linken Flügel zu umfassen und gleichzeitig mit diesem einen andern kräftigen Angriff auf die Gegend über la Haie Sainte, den Zusammenstoß des linken Flügels mit dem Zentrum, zu richten. Erlon sollte diesen Angriff beginnen, Loban und ein Theil der Reserve=Reiterei ihn unmittelbar, rechts und links der Chaussee, unterstützen und der übrige Theil der Reserve=Reiterei; und die ganze Garde ihm zur Reserve für den Nothfall dienen. Reille würde den ihm gegenüber liegenden Theil der Stellung angreifen und so viel als möglich die Aufmerksamkeit. und die Kräfte des Feindes dorthin ablenken.

Wenn keine Störungen in diesem Kalkul des französischen Oberbefehlshabers eintraten, so mußte dieser, im Entwurfe so schöne und in der Ausführung so kräftig disponirte Angriff zum Siege führen.

Der Marschall Ney ward beauftragt, ihn unter den Augen seines Herrn und Meisters auszuführen; er verfügte vorerst über die Korps von Reille nnd Erlon.

Napoleon hatte, nachdem er die Linien durchritten, den höchsten Punkt bei dem Pachthofe Rossomme, etwas rechts desselben und der Chaussee nach Brüssel, in dem Steilrande eines nach Plancenoit abführenden Weges, zu seinem Aufenthaltsorte gewählt; er übersah von da das ganze Gelände bis zur englisch=holländischen Stellung.

Man brachte einen Tisch und Stuhl aus dem nächsten Hause herbei, stellte sie auf eine Strohschicht und nachdem er vom Pferde gestiegen, setzte sich der Kaiser an den Tisch und breitete die Karte der Gegend vor sich aus.

Er hatte noch das frühere Zutrauen in das Schicksal des Tages; er glaubte Wellington noch immer von den Preußen getrennt und hielt ihn für das Opfer einer mit Sicherheit vorauszusehenden Niederlage.

Es war 11½ Uhr[9].

Geschütz- und Gewehrfeuer brachen auf dem äußersten linken Flügel der französischen Armee los. Reille ließ Goumont durch die Division Guilleminot angreifen.

Dieser Angriff hatte, wie wir schon bemerkten, den Zweck, die Aufmerksamkeit des englischen Feldherrn hierher zu lenken, ihm diesen Punkt bedroht erscheinen zu lassen und dadurch den Hauptangriff zu begünstigen, der gegen dessen linken Flügel gerichtet werden sollte. Es war eine Diversion; aber es war für die Erreichung des Zweckes keineswegs nöthig, daß die Wegnahme dieses Theiles der Stellung durchgesetzt wurde.

Sie war hier gerade stark.

Das Schloß Goumont lag, wie wir schon bemerkten, auf der Höhe der südlichen Wand des Thales, das hier die englisch=holländische Linie deckte, und war aus etwa 300 Metres von dem Rande des Plateaus aus dominirt.

Es bestand aus einem großen Wohnhause, einer Pachterwohnung, einer Kapelle und Wirthschaftsgebäuden, die zusammen ein geschlossenes Viereck mit zwei Eingängen, an der Süd- und an der Nordseite, bildeten.

Oestlich vom Schlosse stieß ein großer Garten an dasselbe, der auf der Nordseite von einer Hecke, auf den beiden andern Seiten von starken und 2 Metres hohen Ziegelmauern eingefaßt war. Weiter östlich stieß daran ein noch viel größerer Baumgarten, der von dem ersteren Garten nur durch die Mauer getrennt, und auf den andern Seiten von sehr hohen, mit Bäumen durchwachsenen und im Allgemeinen sehr dichten Hecken eingefaßt war, hinter denen noch ein ziemlich tiefer Graben herum lief.

Im Süden von dem Schlosse, dem Garten und dem Baumgarten und mit etwa 30 Metres Zwischenraum erstrecktes sich auf etwa 300 Metres Länge und etwas weniger Breite ein Gehölz[10], aus lichtem Hoch- und dichtem Unterholze bestehend; das Gehölz stand auf einer gegen die französische Linie sanft abfallenden Lehne und reichte fast bis zur Sohle des Merbe-Brainer Thales, das hier übrigens nur erst eine Terrainfalte ist. Oestlich daran stieß eine mit Hecken umfaßte Wiese, westlich erstreckt sich ein eben so eingefaßter Baumgarten in dem Thale hin und bis zur Niveller Straße.

Alle diese äußeren Theile waren von 1 Batailloin Nassauer, 700 Mann, der Division Perponcher und 2 Kompagnien Hannoveraner, davon 1 mit Büchsen, besetzt. 4 Kompagnien englische Garden und die Division Cooke standen im Schloß, dem Garten und dem Baumgarten, der daran stieß.

Die Mauern waren krenelirt, und an denen des Gartens ein Banket angesetzt, um darüber feuern zu können.

Guilleminot richtete seinen Angriff zuerst gegen das Gehölz und ließ dazu die 5 Bataillone der Brigade Bauduin in Staffeln vom linken Flügel aus vorgehen; eine starke Blänkerkette ging voraus; seine und Piré’s Batterien bereiteten den Angriff vor. Die Bataillone drangen mit größtem Eifer vor, und trotz des hartnäckigsten Widerstandes, dem sie begegneten, trotz des dichten Unterholzes und trotz des Todes des tapfern Bauduin, der gleich beim Beginne fiel, machten sie Fortschritte. Sie mußten indessen bald verstärkt werden. Guilleminot ließ die andere Brigade, rechts von Bauduin, in‘s Gefecht rücken und Napoleon sandte Kellermann den Befehl, mit seinen beiden Batterien das Feuer gegen Goumont zu vermehren. Zwischen unserer Artillerie und der des feindlichen Zentrums entspann sich darauf eine lebhafte Kanonade.

Der Angriff erlangte von da ab eine fühlbare Ueberlegenheit über die Vertheidigung.

Wellington hielt zu Pferde nahe an der Chaussee von Nivelles, auf dem Plateau, und beobachtete den Gang des Gefechtes. Als er die Fortschritte Guilleminots sah, der im Begriff stand, ihm das Gehölz zu entreißen, befehligte er ein braunschweig‘sches Bataillon dorthin; ehe diese Verstärkung ankommen konnte, hatte Guilleminot das Holz genommen und während dieser die Arbeit schon für gethan hielt, brach plötzlich ein mörderisches Feuer auf die Seinigen herein. Die englischen Garden verkündeten auf diese Art ihre Anwesenheit und die Angreifer erkannten in den krenelirten Mauern und den besetzten Hecken eine neue Schwierigkeit.

Die Mauern und Hecken waren über 2 Metres hoch; man hatte keinerlei Material zum Uebersteigen; die Artillerie konnte nicht durch das Holz kommen, um etwa eine Bresche zu öffnen; man hatte auch keine Petarden, nicht einmal Pulversäcke, um ein Feld der Mauern einzuwerfen, und das südliche Eingangsthor lag gerade in einem eingehenden Winkel und ward von einem Stück der Gartenmauern in nächster Nähe flankirt. Es war also geradezu unausführbar, hier zu stürmen. Offiziere und Soldaten wollten jedoch nicht zurück und beschossen sich mit den Vertheidigern. Ihre heldenmüthige, aber unfruchtbare Tapferkeit machte sie zum Opfer eines sichern Feuers, das sie nur mit einem unsichern beantworten konnten. Die Kühnsten drangen durch kleine Lücken in den Baumgarten oder halfen einander über die Mauern weg; aber sie fanden nur den Tod, und niemals noch sind so brave Männer so nutzlos geopfert worden.

Die Brigade Soye war auf dieses gewaltige Hindernis gestoßen.

Die Brigade Bauduin hatte sich links gezogen, das Holz umgangen und den kleinen Baumgarten im Merbe=Brainer Thale genommen; sie traf auf die Westseite des Schlosses, sah sich durch die Mauern eben so aufgehalten und war dem Feuer der Scharten und der Geschütze auf dem Plateau preisgegeben, die keinen andern Gegner hatten.

Hier waren aber die Mauern frei; eine halbe Batterie 12 Pfünder, die dort aufgefahren wäre, konnte in wenig Augenblicken eine Bresche herstellen und dadurch den Weg zum Sturme öffnen. Es hat aber, wie es scheint, Niemand daran gedacht; Guilleminot, Jerôme Bonaparte und Reille selbst sehen ihre Bataillone von dem unsichtbaren Feuer nutzlos leiden, ohne daß ihnen diese Idee aufgestiegen wäre.

Einige Kompagnie Vom 1. leichten Regiment und eine Handvoll Sappeure waren bis an den nördlichen Eingang vorgedrungen und hatten ihn trotz des vom Plateau herabkommenden Kartätschen- und Gewehrfeuers geöffnet. Aber auch dieser kühne Versuch hatte fehlgeschlagen. Einige tapfere Männer, an ihrer Spitze der Sousleutenant Legros, waren in den Hof gedrungen; aber Alle hatten sie dort den Tod gefunden, und die Oeffnung die sie hergestellt, ward sofort wieder verrammelt.

Die Division Guilleminot, die hier nicht vorwärts konnte und nicht zurück wollte, war schon ziemlich erschüttert, als das braunschweigische Bataillon und 4 Kompagnien englische Garden, die Wellington herbeibefehligt hatte, ankamen. Im Vereine mit dieser Unterstützung rückten auch die von uns geworfenen Truppen, die sich in das Thal und in den Obstgarten geflüchtet hatten, wieder vor und Guilleminot ward wieder bis in die Mitte des Holzes zurückgedrängt .

Es war 1 Uhr.

Die Blänker waren auf der ganzen Linie, bis Papelotte hinab, im Feuer; die feindlichen Blänker waren bis auf den Hang des Plateaus zurückgegangen.

Auf dem französischen rechten Flügel eröffnete die Artillerie ein mächtiges Feuer und bereitete den für hier befohlenen Angriff vor. —

Der Kaiser hatte vor wenigen Augenblicken eine Nachricht von höchster Bedeutung erhalten.

Der Angriff von Goumont war in seinen ersten Stadien; er schenkte ihm wenig Aufmerksamkeit und prüfte mit seinem Fernrohre den Horizont, als er bei Chapelle St. Lambert ein Truppenkorps wahrnahm. Chapelle St. Lambert ist ein Dorf, das in gerader Linie 1¾ Stunden nordöstlich vom Pachthofe Rossomme, in der Linie zwischen Wavre und Smohain liegt, und von dem letzteren Punkte etwas über 1 Stunde entfernt ist. An ihm vorüber zieht sich das Lasne=Thal eng und mit sehr schwierigen Zugängen die westliche Begrenzung des Dyle-Plateaus bildend.

Es war von der höchsten Wichtigkeit, schleunigst zu erfahren, was das für ein Truppenkorps war, das sich hier, so nahe den beiden gegenüberstehenden Armeen, zeigte. Die Divisionen Domon und Subervie erhielten sofort Befehl, zur Rekognoszirung dorthin abzugehen, und der General Bernard, Adjutant Napoleons, ward ihnen mit einigen Reitern vorausgesandt, um die Meldungen noch etwas rascher zu erhalten.

Napoleon hat gesagt, daß er Hoffnung gehabt habe, in den bemerkten Truppen ein Detachement Grouchy’s zu finden; es ist möglich, aber sehr wenig wahrscheinlich.

Seit der Zeit, wo er sich von dem Marschall getrennt, hatte er zwei Depeschen von ihm erhalten, beide von Gembloux datirt, die erste den 17. Abends 10 Uhr, die andere den 18. früh 2 Uhr.

Die erste Depesche ist bereits vorn abgedruckt[11].

Grouchy setzte darin die Unsicherheit auseinander, in der er sich über die von den Preußen eingeschlagene Richtung befand; er-wußte nicht, ob sie sich über Wavre oder über Perwez (nicht weit von der Römerstraße) zurückzögen, und er gab an, daß er in der einen oder in der andern Richtung weiter vorgehen würde, je nach den Nachrichten, die er erhielt. 

In der zweiten Depesche meldet er, daß er nach Sart=lez=Walhain marschiren werde, ohne etwas über die von da aus weiter einzuschlagende Richtung beizufügen.

Sart=lez=Walhain liegt 1 Stunde östlich des geraden Weges von Gembloux nach Wavre und ½ Stunde nördlich der Römerstraße, und es geht somit aus der Lage dieses von dem Marschall gewählten Zwischenpunktes hervor, daß seine Ungewißheit noch immer fortdauerte.

Diese beiden Depeschen waren um 2 Uhr und gegen 5 oder 6 Uhr früh im kaiserlichen Hauptquartiere eingetroffen.

Napoleon hatte erst um 10 Uhr durch das nachfolgende, vom Major=General gezeichnete Schreiben darauf geantwortet:

„Der Kaiser hat Ihren letzten, aus Gembloux datirten Rapport erhalten. Sie sprechen darin nur von 2 preußischen Kolonnen, welche durch Souvenière und Sart=lez=Walhain gekommen; die Meldungen sprechen aber noch von einer dritten Kolonne, die, ziemlich stark, bei Géry und Gentinnes passirt und die Richtung auf Wavre genommen hat.

Der Kaiser befiehlt mir, Ihnen zu sagen, daß Se. Majestät in diesem Augenblicke die englische Armee angreifen wird, die bei Waterloo, nahe am Soigne‘r Walde, Stellung genommen hat, und da wünscht Se. Majestät, daß Sie Ihre Bewegungen gegen Wavre richten, um uns näher und in unsern Operationsbereich zu kommen, daß Sie die preußischen Korps, die diese Richtung genommen und sich bei Wavre aufhalten könnten, drängen und daß Sie ehemöglichst dort anzukommen suchen.

Lassen Sie den preußischen Kolonnen die rechts von Ihnen gegangen sind, einige leichte Truppen folgen, ihre Bewegungen beobachten und ihre Nachzügler aufsammeln.

Vernachlässigen Sie nicht, Ihre Verbindung mit uns herzustellen.“

Es enthielt also diese um 10 Uhr geschriebene Ordre die ersten Weisungen an Grouchy, nach Wavre zu marschiren, konnte also auf seine Bewegungen noch keinen Einfluß gehabt haben[12].

Auf der andern Seite ließ seine Depesche von 2 Uhr Morgens, worin er den beabsichtigten Marsch von Gembloux nach Sart=lez=Walhain meldete, nicht schließen, daß um 11½ oder 12 Uhr eine seiner Abtheilungen schon bei Chapelle St. Lambert sein könne. Denn von Gembloux nach Sart=lez=Walhain sind 1½ Stunde in gerader Linie und von da nach Chapelle St. Lambert dreimal mehr, ebenfalls in gerader Linie, was an 8 Stunden aus den Wegekrümmen giebt; der Regen hatte aber die Wege aufgeweicht, das ganze Terrain war schwierig, sehr durchschnitten und voller Defileen, was Napoleon jedenfalls wußte.

Die Hoffnung, welche er also bei dem Erscheinen von Truppen bei Chapelle St. Lambert gehabt haben will, erscheint sehr wenig wahrscheinlich.

Wenn er aber auch wirklich eine solche Hoffnung gehegt, so dauerte sie wenigstens nicht lange.

Der Generaladjutant Bernard war in der Richtung gegen Chapelle St. Lambert fortgesprengt, war dann abgesessen und, durch die Hölzer und Hecken Verdeckt, nahe genug an die Lasne herangekommen, um eine, Blänkerlinie deutlich zu erkennen, die aus dem Thale emporstieg und die Richtung nach Plancenoit einschlug.   Es war preußische Infanterie. Schleunigst sprengte er zu Napoleon zurück und überbrachte ihm die unerwünschte Nachricht.

Wie stark war aber der Feind, der auf diese Art die Kombinationen des französischen Oberfeldherrn durchkreuzte? War es die Avantgarde eines stärkeren Korps oder war es nur ein, in der Verwirrung des Rückzugs abgedrängtes Detaschement das sich jetzt der englisch=holländischen Armee anschließen wollte?

Napoleon hatte einen Theil der Wahrheit sehr bald erfahren.

Ein Offizier der Jäger zu Pferde brachte einen gefangenen preußischen Husaren zu Napoleon, der ihm bei einer Rekognoszirung gegen die Lasne in die Hände gefallen war. „Der Husar trug ein Schreiben; er war sehr intelligent und hatte alle wünschenswerthen Erläuterungen gegeben. Die Kolonne, die bei St. Lambert erschienen war die Avantgarde Bülows, der mit 30,000 Mann anrückte und bei Ligny nicht mit gefochten hatte. Das Schreiben meldete die Ankunft des Korps; Bülow ersuchte Wellington um Befehle. Der Husar gab an, daß er am Morgen in Wavre gewesen sei, daß die 3 anderen preußischen Korps dort lagerten, daß sie die Nacht vom 17. zum 18. dort zugebracht und keinen Franzosen sich gegenüber gesehen hätten [13].

Diese für Napoleon so unerwartete Dazwischenkunft von 30,000 M. Preußen auf einem Schlachtfelde, auf dem er bereits den seinigen gleiche Kräfte gegen sich hatte, enthielt eine folgenreiche Störung, deren Wichtigkeit durch die nicht minder unerwartete Nachricht von der Vereinigung der ganzen preußischen Armee bei Wavre noch wesentlich gesteigert ward. Von Wavre bis Smohain, woselbst der äußerste linke Flügel der englisch=holländischen Armee stand, sind in gerader Linie nur 3 Stunden.

Der französische Feldherr ließ sich aber dadurch nicht von seinem Plane abbringen und setzte die so spät und kaum erst begonnene Schlacht fort.

Lobau erhielt Befehl, mittelst einer divisionsweisen Frontveränderung die Brüsseler Chaussee zu überschreiten und in der Richtung von Chapelle St. Lambert abzurücken, die Divisionen Domon und Subervie zu unterstützen „und sich eine gute Zwischenposition zu suchen, wo er mit 10,000 M. 30,000 M. im Nothfalle aufhalten könne.“

Loban hatte sich, sofort in Bewegung gesetzt; die Infanterie der Garde rückte an seinen Platz vor und gleichzeitig schrieb der Major=General an Grouchy:

Vom Schlachtfelde bei Waterloo, den 18.Juni,

1 Uhr Nachmittags.

Sie haben heute früh 2 Uhr dem Kaiser geschrieben, daß Sie aus Sart=lez=Walhain rücken wollten; Ihre Absicht war also, gegen Corbais oder Wavre [14] zu marschiren. Diese Bewegung stimmt mit den, Ihnen mitgetheilten Absichten Sr. Majestät überein.

Der Kaiser befiehlt mir aber noch, Ihnen zu sagen, daß Sie immer in der Richtung nach uns zu manövriren sollen. Es ist Ihre Sache, zu sehen, wo wir sind, um sich darnach zu richten, um unsere Verbindung herzustellen, und um sich immer bereit zu halten, über diejenigen Truppen herzufallen, die unsere rechte Flanke beunruhigen wollen und sie zu vernichten.

Jetzt ist die Schlacht aus der Linie von Waterloo im Gange. Das feindliche Zentrum steht bei Mont St. Jean; also, manövriren Sie, um sich an unsern rechten Flügel anzuschließen.

P. S. Ein Schreiben, das aufgefangen ist, besagt, daß der General Bülow unsere Flanke angreifen solle. Wir glauben dieses Korps bei Chapelle St. Lambert zu entdecken; verlieren Sie also keinen Augenblick, um sich an uns heranzuziehen und sich an uns anzuschließen und um Bülow zu erdrücken, den Sie bei der Ausführung seines Vorhabens überraschen werden.“

Das waren verspätete Instruktionen! Wo war Grouchy, als sie niedergeschrieben wurden? Wo wird er sein, wenn sie ihn erreichen? Wann wird er sie erhalten? Wo wird alsdann die preußische Armee sein? Blücher war sehr thätig und sehr kühn. Ließ sich annehmen, daß er seit Anbruch des Tages unthätig bei Wavre stehen geblieben? Und Grouchy, Das wußte man, hatte erst Morgens von Gembloux abmarschiren wollen; von Gembloux nach Wavre sind 6 Stunden, wenn man über Sart=lez=Walhain geht, — es giebt nur schlechte Nebenwege und überall Defileen.

Während die unerwünschten Nachrichten sich vervollständigten, auf welche hin die angegebenen dringenden Instruktionen an Grouchy abgingen, hatte Ney den Befehl erhalten, das Artilleriefeuer zu eröffnen, mit welchem der Angriff, dessen Ziel die die Wegnahme von Mont St. Jean war, vorbereitet werden sollte.

Um 1 Uhr war das Feuer in voller Stärke.

Die 3 12pfündigen Batterien von Erlon, Reille und Lobau, die sich an die Divisionsbatterien des ersteren angeschlossen hatten und noch durch 2 Batterien der Garde verstärkt wurden, zusammen 78 Geschütze, standen auf einem Absatze des Hanges von la belle Alliance, rechts der Straße, und beschossen den englisch=holländischen linken Flügel und die anstoßenden Theile des Zentrums aus das Wirksamste, während ihnen nur eine viel schwächere Artillerie gegenüber stand.

Gegen 1½ Uhr glaubte Napoleon die feindlichen Linien durch die Masse der auf sie geschlenderten Projektile genugsam erschüttert und ließ Ney anweisen, mit den 4 Divisionen des 1. Korps den Angriff in ebenso vielen Kolonnen, mit Staffeln vom linken Flügel, gegen la Haie Sainte zu beginnen, durch das Thal und aus das Plateau zu rücken.

Mag es nun ein Mißverständniß bei der Ueberbringung des Befehles oder eine falsche Anficht des Marschalls oder Erlons gewesen sein, kurz, die Divisionen formirten sich in geschlossener Kolonne, die Bataillone in Front mit 5 Schritt Abstand eins hinter dem andern.

Auf einem günstigen Terrain wäre diese Formation, die mit Recht gar nicht gebräuchlich, schon gefährlich gewesen; bei dem wechselnden Terrain, das auf tiefschmutzigem Boden zu durchschreiten war, wurde sie zur Thorheit. Man öffnete selbst der Reiterei die Bahn.

Die erste oder linke Staffel ward von der Brigade Bourgeois, Division Allix[15], formirt, die andere Brigade der Division, Quiot, war zum Angriffe gegen la Haie Sainte bestimmt; die Division Donzelot bildete die zweite, Marcoguet die dritte und Durutte die vierte Staffel.

Die Staffeln waren 400 Schritt von einander entfernt. Jede Division hatte 8 Bataillone, Donzelot 9.

Die eigenthümlichen Kolonnen hatten also 12, 24 und 27 Glieder in der Tiefe und eine Front von 150 bis 200 Mann, je nach der Stärke der Bataillone[16].

Ney hielt zu Pferde auf der Chaussee. Er ordnete den Vormarsch an. Die Kolonnen setzten sich in Marsch und mit dem verdoppelten Rufe: „Es lebe der Kaiser“ stiegen sie in das Thal hinab, das beide Armeen trennte. Hatten sie am Tage von Ligny und Quatrebras unthätig bleiben müssen, so wollten Offiziere und Soldaten heute sich besonders auszeichnen.

Die Brigade Quiot, gegen la Haie Sainte dirigirt, kam zuerst in‘s Gefecht. Sie war schon im lebhaftesten Feuer, als die Kolonnen zu ihrer Rechten noch unter dem Feuer der englischen Batterien den Hang in die Höhe stiegen.

Der linke Flügel der englisch=holländischen Armee bestand aus den beiden englischen Brigaden Kempt und Pack, den beiden hannöverischen Brigaden Vincke und Best und der holländisch=belgischen Division Perponcher mit den Brigaden Bylandt und Prinz Bernhard von Weimar. Die englischen Reiterbrigaden Vandeleur und Vivian deckten die linke Flanke.

Kempt, Pack, Vincke, Best, Prinz Bernhard hatten alle 4 Bataillone; von der letzteren Brigade war ein fünftes in Goumont detachirt; Bylandt hatte 5 Bataillone.

Kempt stand mit dem rechten Flügel an der Chaussee nach Brüssel, 1 Bataillon (das 95., mit Büchsen bewaffnet) war in Front und stand theils hinter den Hecken des Ohainer Weges, theils in einem kleinen, etwas vorwärts gelegenen Steinbruche; die 3 andern Bataillone standen in 3 Kolonnen mit Aufmarschdistanzen etwas zurück und etwa 100 Metres vom Kamme des Plateaus Bylandt stand mit 4 Bataillonen aufmarschirt vor dem Kamme, mit 1 Bataillon dahinter.

Pack stand in Bataillonskolonnen mit Aufmarschdistanzen 200 Metres hinter dem Kamme.

Best stand mit 3 Bataillonen in Front aufmarschirt etwas gegen die Linie von Pack vorspringend, mit 1 Bataillon in Reserve.

Vincke stand eben so wie Best.

Drei Batterien (20 Geschütze) standen auf dem Kamme im Feuer.

Der Kamm des Plateaus wird auf der ganzen Ausdehnung der Aufstellung Pictons durch den Ohainer Weg bezeichnet, bis auf etwa 100 Metres an die Brüsseler Chaussee heran. Dieser Weg ist, wie wir schon bemerkten, mit dichten, aber lückenhaften Hecken eingefaßt An einigen Punkten hatte man wie Scharten für die Geschütze eingeschnitten.

Prinz Bernhard von Weimar hatte Frichemont mit 1 Bataillon, Smohain, la Haie, Papelotte mit einem andern Bataillon besetzt und hielt 2 Bataillone in Reserve. Er hatte noch 3 Geschütze, den Rest seiner bei Quatrebras von unserer Reiterei ruinirten Batterie.

Die Aufstellung der Bataillone auf dem Plateau war derart, daß der größte Theil derselben von der Kanonade Ney‘s nur wenig zu leiden hatte; denn der Kamm des Plateaus hat nur eine geringe Breite und dicht dahinter senkt sich das Terrain zu einer weiten Terrainfalte nieder, in welcher zwar Granatsplitter aber nur sehr wenig Kugeln wirksam wurden.

Trotz ihres Eifers konnten die französischen Kolonnen, durch das hohe Getraide und den tiefen Schmutz aufgehalten, nur langsam vorrücken.

Die linke Kolonne ward durch das Büchsenfeuer von der andern Seite der Straße, oberhalb la Haie Sainte her, sehr gestört und zog sich merkbar rechts. Die zweite Kolonne ließ den Staffel=Abstand verloren gehen, und so befanden sich beide in gleicher Höhe, als sie plötzlich das Kartätschenfeuer von 2 Batterien und bald darauf auch das Gewehrfeuer des 95. englischen Regiments und Bylandts erhielten. Erlon ließ zum Angriff schlagen. Unsere Soldaten beschleunigten ihre Schritte, verjagten das 95., erreichten die Bataillone Bylaudts, überrennen und zerstreuen sie in einem unwiderstehlichen Anlaufe, überschreiten den Ohainer Weg mittelst der Zwischenräume und Einschnitte in den Hecken und nehmen die Geschütze.

Die Ueberwindung der Hindernisse und der Angriff selbst haben die Kolonnen aufgelockert; die Spitze muß halten, um die Ordnung wieder etwas herstellen zu können — da bricht plötzlich ein dichter Hagel von Flintenkugeln auf sie herein, die Bataillone von Kempt und vom rechten Flügel Packs sind aufmarschirt und beschießen sie auf wenige Schritte.

Der Angriff war überraschend und heftig; in dem Bestreben, ihm zu begegnen, wird ebenfalls der Aufmarsch versucht, Aber zum Unglück war die fehlerhafte Formation, die Unordnung, die beim Uebersteigen der Hecken entstanden, einer raschen Ausführung hinderlich, und während sie eben im Gange ist, fallen Kempt und Pack sie mit dem Bajonnet an und erzeugen dadurch die größte Verwirrung. Die tapfern Soldaten Erlons kämpfen im heftigsten Handgemenge entschlossen weiter; dadurch kommen ihre Gegner auch aus der Ordnung heraus; der unerschrockene Picton, einer ihrer berühmtesten Generale aus dem Halbinselkriege, fällt, von einer Kugel in den Kopf getroffen[17].

Der Kampf bleibt nicht lange unentschieden.

Als Wellington die Anstalten Erlons zum Angriffe erkannte, war er sofort nach seinem linken Flügel geeilt und hatte die schwere Dragonerbrigade Ponsonby, 1200 Pferde stark, dorthin gezogen.

Sie ward in einer Terrainfalte, nahe der Chaussee, hinter Kempt aufgestellt. Ponsonby wartete auf einen günstigen Augenblick, und erfaßte ihn richtig. An der Spitze von zweien seiner Regimenter, 800 erlesenen Reitern, geht er durch die Intervallen von Kempt vor und stürzt sich auf die linke Flanke der französischen Kolonne, haut sie zusammen, treibt sie auf die Hecken zurück, zerstreut sie und kommt mitten unter ihnen vom Plateau herunter. Die Fahne des 105. Linienregiments wird genommen.

Fast gleichzeitig erlitt die dritte Kolonne, Marcognet, dasselbe Schicksal wie die beiden ersten.

Unter dem verheerenden Feuer einer Batterie, die sie schräg beschoß, hatte sie die Hecken überschritten und stieg nun rückwärts des Kammes den Hang hinab, als die Bataillone von Pack‘s linken und Best‘s rechten Flügel, die im hohen Getraide halb versteckt waren, sich erhoben und ein wahrhaft mörderisches Feuer auf sie eröffneten. Diesem folgte sehr bald eine gründliche Attake des 3. Regiments der Ponsonby‘schen Brigade. Auf diese Art überrascht und wegen der fehlerhaften Formation ohne Zeit, Karré‘s zu formiren, schwankt die Division Marcognet, verwirrt sich und kommt rasch und in voller Verwirrung wieder in das Thal zurück; das 45. Linienregiment wurde besonders mitgenommen und verlor seine Fahne. Die feindlichen Dragoner sind in ihrer Kampfwuth mitten darin.

Die ausgedehnte Kanonade Ney‘s mußte von dem Augenblicke an verstummen, als die Kolonnen dem Kamme der Höhe sich näherten. Zwei Divisionsbatterien waren jedoch mit vorgerückt, um sich anzuschließen, aber sie versanken zur Hälfte in dem Kothe der Thalsohle. Die verfolgende feindliche Reiterei traf sie in diesem Zustande und hieb in Einem Augenblicke Kanoniere, Trainsoldaten und Pferde nieder.

Die in der Stellung gebliebene Artillerie sah der Zerstörung und der Metzelei in unserer Infanterie zu, ungeduldig über das Handgemenge, das sie hinderte, auf die kecken Dragoner und auf die, bis auf den vorderen Hang vorgerückte englische Infanterie zu feuern. —

Wenig fehlte und auch sie hätten unter diesem Sturme zu leiden gehabt.

Der Erfolg riß die Dragoner fort; sie jagten durch das Thal und kamen bis an den linken Flügel der großen Geschützlinie. Dort aber wurden sie von einer Kürassierbrigade und einem Ulanenregimente in Front und Flanke gefaßt und ihrem Siege ein Ziel gesetzt. Sie wurden mitten in ihrer Auflösung angegriffen und während ein Theil unter den langen Schwertern der Kürassiere und den Lanzen der Ulanen fällt, kehrt der andere Theil um und jagt nach dem Plateau zurück, um hinter der Infanterie Schutz zu suchen, bei der auch die Brigade Vivian eingetroffen ist. Da hörte denn die Verfolgung auf und es ward für unsere Reiter zum Sammeln geblasen, das im Thale selbst, unter dem Schutze der Artillerie erfolgte, die ihr Feuer nun wieder aufnehmen konnte.

Ponsonby ist geblieben, 7 Lanzenstiche im Körper. Von seinen 1200 Dragonern sind kaum noch 600 übrig; die andern sind umgekommen oder gefangen. Von den drei Regimentskommandanten sind die Oberstleutnants Hamilton todt und Muter schwer verwundet.

Die Kühnheit der Engländer ward hier durch die Brigade Travers, 7. und 12. Kürassier=Regiment, und durch das 4. Ulanen-Regiment, Oberst Bro, bestraft. Travers war auf Napoleons Befehl vorgerückt, der den Angriff zu spät gewahrte; Bro war durch seinen Divisionär, General Jacquinot, zum Angriffe befehligt; er wurde schwer verwundet.

Die 4. Kolonne, Durutte, hatte weniger Unglück, als die drei andern.

Während sie erst aus 8 Bataillone bestand, rückte sie doch nur mit 6 Bataillonen durch das Thal vor, weil Durutte auf eigene Verantwortung 2 Bataillone auf dem rechten Flügel der Artillerielinie zu deren Flankendeckung zurückgelassen hatte.

Beim Vorrücken hatte er die Pachthöfe la Haye und Papelotte mit einigen Kompagnien maskirt, war in guter Ordnung auf der Höhe angekommen und hatte ebenso die hier sehr lückenhaften Hecken durchschritten. Die Hannoveraner von Best und Vincke waren schon ziemlich weit zurückgewichen als plötzlich die leichten Dragoner Vandeleur’s aus einer Terrainfalte vorbrechen und unerwartet angreifen. Anfangs hatten sie Erfolg; die Bataillone hatten sich in Unordnung zusammengeballt, aber die Ueberraschung wirkte nicht fort, die Ordnung stellte sich her und das Feuer aus wirksamster Nähe vertrieb sehr bald die Reiter, die sich weit ab erst wieder sammelten.

Nachdem Dies erfolgt, war Vaudeleur, der von der Unordnung unserer übrigen Kolonnen gehört hatte, zur Unterstützung Ponsonby‘s in das Thal gerückt.

Durutte, der sah, daß links von ihm keine französische Kolonne mehr auf dem Plateau war, benutzte diese Entfernung Vandeleur’s zu seinem Rückzuge. Er hielt dabei das Nachrücken der Hannoveraner auf und kam dann wieder in seine erste Stellung. Er hatte etwa 600 Mann verloren. 

Als seine Division das Thal durchschritt, war Vandeleur mit dem 3. Ulanen- und 3. Jäger=Regimente der Division Jacquinot im Gefechte und sah sich bald darauf genöthigt, dem Beispiele Ponsonby‘s zu folgen und zurückzugehen. Aber es geschah in guter Ordnung, unterstützt von der holländisch=belgischen Brigade Ghigny, die ebenfalls in’s Thal herabgekommen war.

Ghigny war auf die beiden Bataillone gestoßen, die Durutte zum Schutze der Artillerie zurückgelassen, und hatte vergebens versucht, ihre beiden Karré’s zu sprengen. —

So war der Angriff auf den linken Flügel der englisch=holländischen Armee vollständig mißlungen.

Er kostete dem Erlon’schen Korps fast 5000 Mann, von denen 2000 Gefangene waren, und etwa 15 Geschütze waren gänzlich ruinirt.[18]

Wenn auch die englisch=holländischen Divisionen weniger gelitten hatten, so waren ihre Verluste doch auch sehr empfindlich.

Die Dragoner Ponsonby‘s waren auf die Hälfte geschmolzen. In die Brigaden Kempt und Pack, die schon bei Quatrebras sehr gelitten, waren neue Lücken gerissen worden; die Brigade Bylandt, die schon durch die Kanonade viel verloren, dann mit dem Bajonnet zersprengt wurde, zählte kaum noch 1500 Mann; ihr tapferer Chef und mehrere ihrer Stabsoffiziere waren außer Gefecht gesetzt. Endlich war der geschickte und unerschrockene Picton geblieben.

Die Kanonade zwischen den beiden Flügeln brach aufs Neue los.

Die Brigade Quiot, die gegen la Haye Sainte anrückte, hatte auch keinen Erfolg bei ihrem Angriffe

Wie fast alle größeren Pachthöfe in Belgien, so bildete auch la Haye Sainte ein geschlossenes viereckiges Gehöfte von Gebäuden und Mauern. Ein Baumgarten von 250 Metres Länge und 100 Metres Breite und ein Garten von etwa ⅓, dieser Größe stießen daran an, der erstere südlich, der zweite nördlich. Der Garten hat an der Ostseite eine Mauer, nördlich und westlich kleine Hecken. Der Baumgarten war mit höheren, aber wenig dichten Hecken eingefaßt; er stößt östlich unmittelbar an die Chaussee und die Verlängerung der Garten- und Gehöftemauern.

Der Pachthof hat 2 große Eingänge, je einen im Osten und Westen. Auf der letzteren Seite führt noch ein Thor in eine große Scheune, von der aus man in den Hof kommt. Eine kleine Thür führt in den Garten.

Das Gehöft selbst liegt an dem unteren Ende des Hanges, der vom Plateau von Mont St. Jean herabkommt. Der Baumgarten liegt im Thale. 

Beide konnten vom Plateau aus wegen der Beschaffenheit des Hanges [19] nicht gesehen werden.

La Haye Sainte war seit gestern von dem 2. leichten Bataillon der Legion (Division Alten) besetzt worden, das 431 Mann zählte und vom Major Baring befehligt wurde. Es waren Vertheidigungsanstalten getroffen worden; die Mauern waren krenelirt. Zwei Kompagnien standen im Gehöfte, drei im Baumgarten und eine im Garten.

Der Angriff dieses Postens hätte sollen durch Artillerie, namentlich durch Haubitzen vorbereitet werden. Es war daran nicht gedacht worden; es wiederholte sich hier derselbe Fehler, den man schon bei Goumont beging. Die Soldaten Quiot’s stießen sich aber daran nicht.

Sie erreichten den Baumgarten, durchbrachen die Hecken und vertrieben die Vertheidiger, die sich zurückzogen und ihren linken Flügel an die westliche Mauer des Gehöftes lehnten.

Das östliche Thor ward gleichzeitig lebhaft bestürmt. Axtschläge fielen darauf nieder trotz des mörderischen Feuers aus den Scharten und der Kartätschen aus 2 Geschützen welche, hinter der die Straße sperrenden Barrikade stehend, die erstere lang hin bestrichen[20].

Ein junger Ingenieuroffizier zeichnete sich bei diesem gefahrvollen Angriff unter so vielen Tapfern noch besonders aus. Hoch gewachsen und von herkulischer Kraft sah man ihn an dem Thore, wie er wuchtige Axtschläge gegen dasselbe führte, eine erste Verwunduni nicht achtete und nur einer zweiten, die ihn ganz außer Gefecht setzte, gezwungen nachgab. Es war der Leutnant Vieux, dem das Schicksal ein anderes und entfernteres Schlachtfeld zum Heldentode bestimmt hatte[21].

Aber das Thor war von innen gut verrammelt und wich den gewaltigen Anstrengungen nicht; man erreichte nichts als einen großen Verlust an Offizieren und Soldaten.

Der Prinz von Oranien, der gesehen hatte, wie der Baumgarten verloren und la Haye Sainte nach und nach von Quiot’s Bataillonen umfaßt ward, ließ ein Bataillon hannöverische Landwehr, Lüneburg (Division Alten), zur Unterstützung vorrücken. Baring nahm nun einen Theil des Baumgartens wieder; aber der Erfolg dauerte nicht lange, denn die Brigade Dubois (von den Milhaud’schen Kürassieren) war auf Befehl Napoleons in die Terrainfalte vorgerückt worden, die zwischen der Höhe von belle Alliance und la Haye Sainte liegt. Sie ging bis an den Baumgarten vor. Quiot zog darauf noch einige Reserven in’s Gefecht und räumte den Letzteren mit gefälltem Bajonnet. Die Kürassiere erfaßten den Moment; die Kompagnien Barings, dem Gehöfte zunächst, konnten noch hineinkommen, das Bataillon Lüneburg aber unterlag dem Angriffe, ward ganz zusammengehauen und verlor seine Fahne. Quiot warf darauf zwei Kompagnien auf den Garten und nahm ihn.

Die Reiterei hatte einen glänzenden Schlag ausgeführt; sie war damit nicht zufrieden. Mag es nun auf Befehl oder aus Kampflust geschehen sein, sie verfolgten die Flüchtlinge, erstieg den Abhang und stand mit Einem Male vor den Karré‘s der hannöverischen Brigade Kielmannsegge, Division Alten. Ohne Besinnen griff sie dieselben an und, abgeschlagen, wieder von Neuem.

Wellington war nahe dabei. Er hatte eben Ponsonby gegen die Kolonnen Erlon’s losgelassen und warf nun die Gardebrigade Somerset, 1400 Pferde, auf unsere Kürassiere. Uxbridge, der Oberkommandant der Reiterei, führte den Angriff selbst an. Das Resultat trat sofort ein; die Kürassiere mußten der Uebermacht weichen und wurden in’s Thal zurückgedrängt. Dort wurden sie glücklicher Weise von Quiot‘s Bataillonen aufgenommen, die durch ihre feste Haltung und ihr Feuer dem Feinde Halt geboten. Ohne einen Angriff zu versuchen, kehrte Uxbridge um und auf das Plateau zurück. In diesem Gefechte mit unsern Kürassieren blieb der Kommandant der Gardedragoner, Oberstleutnant Fuller.

Wellington entsendete nun 4 weitere Kompagnien der deutschen Legion (Division Alten) nach la Haye Sainte. Sie nahmen den, Garten wieder, während die erneuerten Versuche Quiot’s, von östlich und besonders von westlich her in das Gehöfte einzudringen, scheiterten, unsere Verluste dabei aber in jedem Augenblicke wuchsen.

Weder Ney noch Napoleon dachten daran, durch Geschützfeuer diese Mauern umlegen oder diese Gebäude durch Granaten in Brand stecken zu lassen, gegen welche sich die Brigade Quiot in fruchtlosen Anstrengungen erschöpfte. —

Während der erfolglosen Angriffe Erlons hatte das Gefecht um Goumont zwar mit derselben Heftigkeit aber nicht mit besserem Erfolge als vorher fortgedauert.

Die Division Foy war zur Verstärkung Guilleminot’s herangezogen worden.

Den Letzteren war es endlich gelungen, die Hecken des großen Baumgartens zu öffnen. Er war darin eingedrungen, während Foy den Posten rechts umfaßte. Der Baumgarten ward genommen, und alle feindliche Abtheilungen die im Garten und im Gehöfte nicht Schutz finden konnten, in das Thal hinter demselben geworfen und bald den Abhang zum Plateau hinaufgedrückt. Da war aber die erste Linie des englischen Zentrums vorgerückt und Foy und Guilleminot mußten bis in die Höhe des Gehölzes zurückweichen, den Baumgarten aber, mit Todten bedeckt, wieder verlassen.

Darauf folgende Versuche hatten keine besseren Erfolge. Der unerschrockene Foy mußte, schwer verwundet, vom Schlachtfelde weggebracht werden. Jerôme Bonaparte, von einer Flintenkugel am Arme getroffen, hatte sich auch weg und zu Napoleon begeben.

Der ganze Kampf um Goumout war ein ewiges Hin= und Herschwanken gewesen, dessen Detail unmöglich genau dargestellt werden kann. Bald warfen die Angreifer ihre Gegner hinter die Umfassungen zurück und in das Thal am Fuße des rechten Theiles vom englischen Zentrum hinein, bald nahmen diese, mit Hilfe von Bataillonen, die dann von dem Plateau herabkamen, das verlorene Terrain wieder und gelangten in’s Gehölz. Der Kampf war blutig für beide Theile, besonders aber für die Franzosen.

Diese hatten hier schon an 10,000 Mann Infanterie im Gefecht [22].

Der lang andauernde Kampf hatte denn endlich auch die Aufmerksamkeit Napoleons erregt, und er hatte 8 Haubitzen gegen dieses unnehmbare Schloß entsendet. Sie fuhren in der Nähe der Niveller Chaussee auf und hatten sehr bald alle Gebäude in Flammen gesetzt, worin Hunderte von Verwundeten elend umkamen; trotz-dem aber blieben der Garten und der große Baumgarten in den Händen des Feindes, und der Posten ward nicht genommen.

Die Reiterdivision Piré demonstrirte von Beginn der Schlacht an gegen Braine l’Alleud, und Wellington hatte darauf auch 2 Reiter=Regimenter dorthin zu entsendet. —

Es war 3 Uhr. —

Der französische rechte Flügel ordnete um diese Zeit in seiner ursprünglichen Stellung seine übel zugerichteten Bataillone; im Zentrum ward der Baumgarten von la Haye Sainte besetzt gehalten, auf dem linken Flügel rang man um Goumont; auf der ganzen Linie rollte das Artillerie- und Blänkerfeuer.



[1] Beide Briefe sind d. d. Waterloo, 18. Juni, 3 Uhr Morgens; der an den Herzog v. Berry ist französisch geschrieben. (Dispatches, Th. 12.)

[2] Seit 1815 ist der ganze Theil des Waldes, der Waterloo umgab, ausgerottet worden. Jetzt steht kein Holz mehr westlich der Brüsseler Chaussee und auch die Südgrenze, die bis Bert=Coucon reichte, ist um ¾ Stunde zurückgerückt.

[3] Oder vielmehr „war er.“

[4] Der Weg hat jetzt nur noch auf der Nordseite den hohen Rand; auf der Südseite ist er bodengleich; man hat die Erde zu dem Hügel von da entnommen, der den Löwen trägt und die lakonische Inschrift: 18. Juni 1815.

[5] Man findet Dies ausdrücklich bestätigt in einem Briefe an den Herzog von Berry vom 18. Juni 3 Uhr Morgens, der schon citirt worden: ,,Es ist möglich, daß der Feind uns über Hal umgeht, obgleich Wetter und Wege abscheulich sind, und obgleich ich den Prinzen Friedrich in Position zwischen Hal und Enghien halte. Wenn Das eintritt, so bitte ich Ew. Königliche Hoheit und Se. Majestät (Ludwig XVIII.) nach Antwerpen abzugeben, nicht auf leere Gerüchte hin, sondern erst auf die sichere Nachricht, daß der Feind. mich über Hal  umgangen und ungeachtet meiner Stellung nach Brüssel gekommen ist.

[6] Die englisch=holländische Armee bestand in Allem am

14 Juni aus          .            .         .         .        .         .          .         .        95,503 M. incl. 16,017 M. Reiter mit 186 Gesch. u. 1 Raketbatt.

Verluste des 16. Juni          .         .         .        .         .          .         .        4,059 M. incl. 160 M. Reiter mit 5 Gesch.

Verluste des 17. Juni          .         .         .        .         .          .         .        268 M. incl. 145 M. Reiter

Detaschirt waren 1½ Reit.=Reg., 2. u. 3 Husaren  Legion,

an der Grenze zwischen Ypern und Tournay       .         .          .         .       900 M. incl. 900 M. Reiter

Das 81. engL Reg., der Div. Cole in Brüssel        .         .          .         .       401 M.

Das 14. holl Miliz-Bataillon, Div. Stedmann, in Oudenarde         .         .       586 M.

Bei Hal die Div. Stedmann und die indische Brigade       .          .         .      9,814 M. mit 16 Gesch.

2 Brigaden der Div. Colville, Johnstone (engl.) und Lyon (Hannover)    .       5,448 M.

Brigade Esiorff        .         .         .          .         .         .          .         .     1,380 M.

Hauptpark in Brüssel         .          .         .         .         .           .         .     1,860 M.

Gibt für den Abgang 25316 M. incl. 2,585 M. Reiter mit 27 Gesch., es bleiben also bei Mont St. Jean 70,187 M., davon 13,432 M. Reiterei 159 Geschütze und 1 Raketbatterie.

[7] Alle diese Details sind fast wörtlich den Memoiren Napoleons, Th.9, entnommen.

[8] Der Effektivbestand war gestern, beim Abmarsche von Quatrebras, 72,447 Mann; bei der Verfolgung der englischen Reiterei waren etwa 200 M. verloren worden, was für den 18. früh etwa 72,000 M; ergiebt.

[9] Diese Zeit ist in den holländischen Rapporten angegeben. Englische Generale sahen mit der ihrer Nation eigenen Genauigkeit und Kaltblütigkeit beim ersten Kanonenschuß nach der Uhr und geben an, daß er 11 Uhr 35 Minuten fiel.

[10] Jetzt ausgerottet

[11] Vergl. S. 237.

[12] Die Erzählungen von St. Helena behaupten, daß noch andere Ordres in der Nacht abgefertigt worden seien, die dem Marschall vorschrieben, nach Wavre zu marschiren und selbst Chapelle St. Lambert zu besehen. Diese Ordres sind blos erfunden. Wir werden es später beweisen; das Schreiben schon, welches oben steht, spricht dafür, denn es spricht von keiner vorhergehenden Ordre, giebt nicht einmal die leiseste Andeutung einer solchen.

[13] Memoiren, Th. 9.

[14] Eine voreilige Schlußfolgerung, wie wir später sehen werden. Als Grouchy nach Sart-lez-Walhain marschirte, wußte er noch nicht, in welcher Richtung er weiter rücken würde.

[15] Allix war versendet; seine Division ward von dem ältesten feiner Brigadiers, Qniot, befehligt.

[16] Diese Formation des Erlon‘schen Korps ist bis jetzt von französischen wie ausländischen Schriftstellern nicht richtig dargestellt worden. Wir verdanken die genauen Angaben darüber der wohlwollenden Freundschaft eines Generals der damals Stabsoffizier im Erlon’schen Korps war. In der sehr beachtenswerthen Mittheilung, die er uns zugehen ließ, gab er noch an, daß der Kommandant des letzten Bataillons der Division Durutte seine Truppe in Divisionskolonne und Bereitschaft zur Karréformation gesetzt hatte, daß aber Durutte, der es bemerkte, ihn wieder in Front aufmarschiren ließ, „weil es so befohlen sei.“

[17] Wellington sagt in seinem Bulletin: Picton hat einen ruhmvollen Tod gefunden, als er seine Division zu einem Bajonnetangriffe verführte, durch den er einen der ernstesten Angriffe, die auf unsere Stellung unternommen wurden, zurückwarf.

[18] Der Oberst Jannin in seiner Brochüre (Camp. de Waterloo, Paris 1820) sagt, daß bei diesem Zusammenstoß 40 Geschütze ruinirt worden seien. Seine Angabe ist von französischen und fremden Schriftstellern wiederholt worden, die sogar nach Vaudoncourt (Histoire des Camp. de 1814 und 1815 en France, Paris 1826) beifügten, daß die ganze Artillerielinie unseres rechten Flügels sich nach dem vorliegenden Kamme in Bewegung gesetzt habe. Das ist ein doppelter Irrthum. Die Bewegung ward nur von den beiden Divisionsbatterien Donzelot‘s und Marcognet‘s ausgeführt. Der Bericht eines Augenzeugen, der vor uns liegt, läßt darüber gar keinen Zweifel.

Napoleon sagt in der ersten Beschreibung von St. Helena, „etwa 15 Stück Geschütze die mit vorgingen wurden von der feindlichen Reiterei in einen Hohlweg gejagt“; in der zweiten Beschreibung setzt er deren Zahl auf 7.

Müffling (Geschichte des Feldzugs ec) sagt: Einige Züge englischer Reiterei . . . . stießen auf eine ohne Eskorte marschirende Artilleriekolonne. Sie ward genommen. Da sie aber nicht fortzubringen war, so tödtete man die Pferde.

[19] Jetzt ist es anders. Auch von diesem Hange ist viel Material zum Anschütten des Hügels genommen worden, der den Löwen von Waterloo trägt, und man sieht nur vom Rande es Plateau’s aus die Gebäude von la Haye Sainte bis zum Fuße.

[20] Im Gegensatze zu dem übrigen Theile des Zentrums der englisch=holländischen Stellung konnte man von diesem äußersten Ende des genannten Zentrums den ganzen Abhang genau übersehen, da die Chaussee in einem tiefen Einschnitte die Höhe übersteigt.

[21] Vieux blieb als Bataillonschef auf der Bresche von Konstantine. Er war bei der ersten Sturmkolonne, die der damalige Regimentskommandant der Zuaven, der unerschrockene Lamoriciére, führte.

[22] Die Division Guilleminot hatte bei Eröffnung des Feldzugs 7890 Infanteristen, die Division Foy 4800. Sie hatten am 15. und 16. 3000 Mann verloren; es blieben ihnen also zum 18. etwa 9600 Mann.

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